Cellulose: Definition, Eigenschaften, Vorkommen und Nutzung

Cellulose wurde 1838 von Anselme Payen aus Pflanzen isoliert. 1884 entwickelte Graf de Chardonnet ein Verfahren, um aus gelöster Cellulose künstliche Seide zu erzeugen. Die Faserlänge und Stoffeigenschaften konnten nun durch den Spinnvorgang verändert werden. Die Struktur des am häufigsten in der Natur vorkommenden Biomoleküls wurde von Hermann Staudinger 1920 veröffentlicht. Seit 1992 kann Cellulose auch synthetisch hergestellt werden.

Erfahren Sie in diesem Artikel was Cellulose überhaupt ist, welche chemischen Eigenschaften sie besitzt, wo Cellulose natürlich vorkommt und wo und wie sie wirtschaftlich genutzt wird.

Was ist Cellulose?

Cellulose ist eine langkettige Verbindung aus Vielfachzuckern. Die Verknüfung der Monomere Cellobiose erfolgt durch eine Kondensationsreaktion. Bei dieser Kondensationsreaktion bilden zwei OH- Moleküle ein H2O-Molekül. Das verbliebene O-Molekül verbindet die ringförmige Grundstruktur der beiden Monomere. Durch Wasserstoffbrücken, das Makromolekül ist aus mindestens 10.000 Monomeren aufgebaut, werden die Verbindungen verstärkt.

Cellulose
Struktur der Cellulose

Durch die Verbindung von 50 Markomolekülen werden Elementarfibrillen gebildet. Die nächste größere Einheit, Makrofibrillen, entstehen durch Aneinanderlagerung von 20 Elementarfibrillen. Im Bereich der OH- Gruppen bilden sich spontan Mikrokristalle, die der Faserstruktur festen Halt und Stabilität geben.

Welche chemischen Eigenschaften besitzt Cellulose?

Cellulose kann nicht in organischen Lösungsmitteln oder Wasser vollständig gelöst werden. Die Molekülstruktur kann nur durch spezielle Lösungsmittel, wie Dimethylsulfoxid oder Säuren unter Erhitzen in Glukosemoleküle aufgespalten werden. Eine Lösung kann auch in ionischen Flüssigkeiten, Salzlösungen, die unter 100 Grad Celsius flüssig sind, erfolgen.

In natürlicher Cellulose sind alle Moleküle parallel ausgerichtet. In künstlich hergestellter Cellulose treten auch antiparallele Molekülstrukturen auf, die für eine bessere Stabilität unter höheren Temperaturen sorgen.

Durch mikrokristalline Strukturen bilden Cellulose- Moleküle ein festes, faseriges, kaum lösliches Material, das in vielen Bereichen eingesetzt werden kann.

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Wo kommt Cellulose vor?

Cellulose bildet den Hauptanteil der pflanzlichen Zellwände und des Gerüstes der Pflanzen. Der Anteil an Cellulose im Holz von Bäumen beträgt ungefähr 50 % (Kiefernholz 44 %, Pappeln 50 %). Getreidehalme oder Baumwolle bestehen fast ausschließlich aus Cellulose, Stroh aus bis zu 30 %. Die restlichen Pflanzenanteile werden aus Kieselsäure, Ligninen und Pektinen gebildet.

Die Algen Valonia und Cladophora enthalten den reinsten Vielfachzucker. Abhängig von der Pflanzenart liegt das Makromolekül in unterschiedlich langen Ketten vor. Die längsten Ketten werden von Algen (bis zu 30.000 Monomere) gebildet. Baumwolle besteht nach dem Reinigungsprozess aus Ketten mit ungefähr 3.000 Molekülen.

Welche Rolle spielt Cellulose im pflanzlichen Stoffwechsel?

Das natürliche Material ist der Hauptanteil des Stützgerüsts der Pflanzen. Zusätzlich bietet die Zuckerverbindung der Pflanze die Möglichkeit, Kohlendioxid aus der Luft zu speichern. Die Pflanze nimmt im Zuge der Photosynthese Kohlendioxid aus der Umgebungsluft auf. Die Kohlenstoffmoleküle werden nach ihrer Abspaltung in den Cellulose- Molekülen gebunden. Ungefähr 50 % des gesamten Kohlendioxids der Planetenatmosphäre werden in Cellulose- Molekülen gespeichert.

Sterben die Pflanzen ab, werden sie durch Pilze und verschiedene Bakterien zersetzt. Die Cellulose wird wieder in Wasser und Kohlendioxid aufgespalten. Bei diesem Vorgang wird Energie freigesetzt.

Pflanzen sind nicht selbst in der Lage, enzymatisch gebildete Cellulose aus ihrem Stützgerüst wieder abzubauen. Für den Umbau der Zellwände werden während des Wachstums endogene Cellulasen benötigt, die eine Umstrukturierung der langkettigen Moleküle ermöglichen. Grünalgen sind in der Lage, Cellulose selbst abzubauen. Die dabei freigesetzte Energie wird für weitere Stoffwechselvorgänge der Alge genutzt.

Können Organismen Cellulose verwerten?

Die meisten tierischen Organismen sind nicht in der Lage das Makromolekül aufzuspalten. Es wird als Ballaststoff unverdaut wieder ausgeschieden und dient der Regulierung der Darmbewegungen und der Verdauung. Durch Aufbrechen der Pflanzenwände durch Zerkleinern oder Kochen kann die Aufspaltung des Moleküls erleichtert werden.

Nur wenige Tierarten wie z. B. Silberfische oder einige Schnecken- und Termitenarten sind in der Lage, Cellulose mit eigenen Stoffwechselvorgängen abzubauen und zu verwerten. Bakterien verfügen über Enzyme, die eine Zerlegung des Makromoleküls möglich machen. Die anaeroben Mikroorganismen siedeln sich in den Vormägen von Wiederkäuern an und spalten dort die pflanzliche Cellulose in Fettsäuren auf. Pferde und Wasservögel können das Makromolekül mit Hilfe von im Dickdarm ansässigen, anaeroben Bakterien aufspalten und dem Körper die einzelnen Zuckerbestandteile zugänglich machen.

Auch im Blinddarm und Colons des Menschen befinden sich anaerobe Bakterienstämme, die cellulosehaltige Nahrung zu Oligosacchariden (verwertbaren Zuckerarten) abbauen. Über die Schleimhaut des Colon können die Nährstoffe resorbiert und dem Körper für die Energiegewinnung zugänglich gemacht werden.

Termiten, die keine Cellulase für den Abbau des Polysaccharids besitzen, gehen ebenfalls eine Symbiose mit Mikroorganismen ein.

Wirtschaftliche Nutzung

Das Polymer ist ein natürlicher, ständig nachwachsender Rohstoff, der in vielen Bereichen eingesetzt werden kann. Bereits in der Altsteinzeit wurde Holz als natürlicher Brennstoff für die Zubereitung der Nahrung und als Wärmelieferant genutzt. Heute wird das Polymer nach einer technischen Aufbereitung in vielen Industriezweigen als Ausgangsstoff verwendet. Hier ein paar Beispiele:

  • Durch Abspaltung des Holzbestandteils Lignin wird Zellstoff erzeugt. Aus diesem entstehen hochwertige Papiere. Papiere mit geringerer Qualität können direkt über einen Holzschliff gewonnen werden.
  • In der Textilindustrie werden Pflanzenfasern, vor allem Baumwolle, Hanf und Flachs, zu Stoffen verarbeitet. Die Pflanzenfasern werden mit einer Hechel aufgebrochen, gekämmt und anschließend versponnen. Der daraus gewonnene Faden kann zu größeren Stoffbahnen verwebt oder verstrickt werden.
  • In der Baustoffindustrie wird Methylcellulose Beton zugesetzt, um die Fließeigenschaften zu verbessern. Cellulosefasern finden auch als Bestandteil von natürlichen Dämmmaterialien und im Lärmschutz Verwendung.
  • In der Pharmaindustrie werden Cellulosederivate als stabiler Überzug von Medikamenten, Trennmittel oder als Trägerstoff eingesetzt.
  • In der Labormedizin wird Cellulose als Füllmaterial bei der Säulenchromatographie angewendet, um Stoffe besser trennen zu können.
  • In der Kosmetikindustrie finden die chemischen Verbindungen als Schaummittel und Trägersubstanzen Verwendung.
  • Auch bei der Produktion von Lebensmitteln werden Celluloederivate verwendet. Sie dienen als Füllstoffe, Verdickungsmittel und Trennmittel. Der Lebensmittelzusatzstoff wird in der Kennzeichnung mit E 460 bis E 466 aufgelistet. Hauptsächlich wird E 460 ii, Cellulosepulver, in der Produktion von Nahrungsmitteln eingesetzt.
  • In der Tiernahrung wird Futtercellulose Diätfuttermitteln zugesetzt. Wird das Pulver direkt in Feuchtfutter gemischt, sättigt die Nahrung das Tier schneller. Die Ballaststoffe werden unverdaut ausgeschieden, die Gesamtenergiezufuhr ist verringert.

Zusammenfassung

Cellulose ist ein natürlicher, immer wieder nachwachsender, pflanzlicher Rohstoff, der in vielen Bereichen Verwendung findet. Ob für die Herstellung von Tennisbällen, Verpackungsmaterial, oder als Bestandteil von Medikamenten und Nahrungsmitteln, dem Einsatz sind kaum Grenzen gesetzt. Als natürlicher Dämmstoff und Ausgangsstoff für Bio-Ethanol kann das Polymer einen wichtigen Beitrag zum Umweltschutz liefern.